ein Er, der eine Sie mit funkelnden, begehrlichen und liebevollen Augen angeblickt hat.
Er befand Sie für faszinierend, neu, aufregend, cool, schlau, liebenswert – und sagte Ihr das – mehrfach, unaufgefordert – schrie(b) es in die Welt hinaus, damit alle es hören und lesen konnten.
Sie traute dem Ganzen nicht, befand es als sehr fremdlich, ging erst zögerlich mit Ihm mit und beäugte den Er längere Zeit sehr genau. Er gab sich große Mühe. Polierte Ihre alten Dielen und putzte die blinen Fenster, Stellte eine Blume auf Ihren Tisch. Irgendwann hatte Er genug gebaggert, hatte Ihr Fundament erreicht, freigelegt und für ausbaufähig gehalten.
Sie fing an sich zu entspannen, begann Ihm zu glauben, zu vertrauen. Sie öffnete sich Ihm.
Eine kurze Zeit in einer Seifenblase mit Sonnenschein und Einhornglitzerstaub.
Dann kam das Gewitter, der Sturm, der Teile Ihres Daches abdeckte und ein Fenster zerschmetterte.
Er holte den Bagger und die Bohrmaschine. Mit der Schleifmaschine fing Er erst an, die Schäden vom Sturm freizulegen. Wo er gerade dabei war, schliff er alle Ecken und Kanten (auch die, die ihm mal charmant vorkamen) zu ab.
Dies und Jenes gefällt mir nicht, sagte Er zu Ihr. Mich stört das, sagte Er. Das könntest Du besser machen, schlug er vor. Sie schaute Ihn nur staunend an und schaute an Ihren glatten Kanten runter, durch Ihr neues Dreifachglas hinaus in die Welt.
Ihr Fundament war freigelegt und wackelig und Sie glaubt Ihm. Hörte zu, was Er zu sagen hatte. Versuchte Ihr Fundament zu halten, während Sie immer mehr Stützbalken und tragende Wände entfernte, weil sie Ihn störten.
Es war alles nicht genug.
Nach einiger Zeit wendete Er sich ab, zuviel Arbeit für so ein morsches Gemäuer. Das rentiert sich nicht. Und so alte Gemäuer sind ja auch irgendwie eigensinnig, dachte Er sich.
Und sah nie wieder zu Ihr zurück.
Nun stand Sie da. Keine Ecken und Kanten mehr, dafür tolle Dreifachgläser. Aber nicht mehr charmant. Nicht mehr liebenswert.
Ab und an sah Sie Ihn – Er sah Sie nicht mehr – nie mehr. Konnte Sie nicht sehen.
Er hatte alles entfernt, was Sie einzigartig gemacht hatte.
Was für eine traurige Geschichte! 😦
Aber supergut geschrieben! 🙂
Danke Dir! 🙂
Ganz schön traurig. Aber wie heißt es so schön: zu allem gehören immer zwei. Einer allein schafft das nicht, wenn der andere es nicht will.
Das ist richtig. Leider 🙂
Zum Glück gehören immer zwei dazu. Wäre ja schrecklich, wenn jeder mit mir machen könnte, was er will und ich keine Chance hätte mich zu wehren 😉
Sei wie eine Weide, entgegenkommend..ohne dich zu verbiegen:)
Ich stimme Mic im Übrigen zu…..
Oh! Das ist ein SEHR schöner Vergleich. Wenn ich mal eine Geschichte mit Bäumen drin schreibe, werde ich das mitnehmen… 🙂
Uiuiui klingt nicht gut. Ganz und gar nicht.
Man könnte als Nachsatz vielleicht dazu schreiben, dass es vielleicht DESHALB soviele tolle Ruinen gibt, weil die eben DOCH allem trotzen. Egal, wer oder was am Fundament rumgräbt.
Und dass es viele Denkmalschützer gibt, die auf alte, verwitterte Gebäude aufpassen 🙂
oha, jetzt wird es schwierig, aber ich denke hier ist eine menge lebenserfahrung verewigt, die es in anderen gleichnissen auch ähnlich gibt. im vergleich mit dem original, wenn es denn originell war, ist eine ruine nur ein überbleibsel 🙂
Und da steht er nun, dieser Esel und starrt vor sich hin! Während andere vorbei kommen und sagen: Kuck mal, was für ein schönes Haus! Man braucht nur die doofe Neuverglasung einschmeißen und ein wenig Restaurationsbepuschelung betreiben…
Meine Einstellung zu dem ekligen Einhornpupsrosenduftsüßenscheißherzchenkwatsch kennen Sie ja zur genüge, meine liebe Mme Lila. Das bringt das Fundament noch lange nicht in Schwierigkeiten. Drainage legen, laufen lassen und ordentlich neu gefühlszementieren. Dann hält das noch gaaaaanz lange!
Herzliche Grüße, die Immerihrige, sowasvonzugetan.
Ich bin ganz bei Ihnen, meine liebe Frau K.!
Und ich fand den Esel davor einfach klasse, kann man so wunderbar hineininterpretieren 🙂
Sollten wir nicht die HüterInnen unserer eigenen Häuser sein?
Sollten wir. Die einen lernen das früher, die anderen später. Und manche brauchen einen Esel vor der Haustüre….
Naja,
solange man dann nicht selber der Esel ist … 😉